SOLINGEN (mh) – Unding bedeutet etwas völlig Widersinniges, vor allem in der Wendung „ein Unding sein“, es ist ein unförmiger, unberechenbarer, seltsamer Gegenstand, ein Ding, das einem nicht ganz geheuer ist. Soweit die Bedeutung des Wortes…
Mit diesem Thema haben sich die ausstellenden Künstler Iris Paternoster, Lara Leon-Ser und Andreas Jell auf ganz unterschiedliche Weise auseinandergesetzt. Mit ihren Objekten bieten sie dem Betrachter vielfältige Möglichkeiten zur Eigeninterpretation. Die drei sind Studierende der Freien Akademie der bildenden Künste (fadbk), Essen. Diese private Akademie bietet intensive, professionelle und kompakte Kunststudienprogramme an und eröffnet damit Menschen jeden Alters die Chance, ein Kunststudium auf hohem akademischem Niveau zu absolvieren.
Vielfältige Möglichkeiten zur Eigeninterpretation
In den (titelfreien) Arbeiten von Iris Paternoster spiegelt sich das Unding im politischen Bereich. Ihre Bilder zeigen die Widersprüche in Politik und Gesellschaft auf. Hände sind das hervorstechende Merkmal: Hände, die schaffen und Hände, die drohen. Sehr treffend das Wortspiel „Gewalt im Anzug“. Wenn Worte fehlen, kommen Hände ins Spiel. Die hierzu kreierten großformatigen Werke erforderten vollen Körpereinsatz. Die Tusche wurde mit Hilfe eines Besenstiels, an den der Pinsel gebunden war, auf das am Boden liegende Papier aufgetragen – starker Gegensatz zwischen der Art der Bearbeitung und der Empfindlichkeit des Materials. Bei ihren Mischtechnikbildern auf Leinwand erreicht die Künstlerin den Effekt durch kraftvolle Ölfarben in Kombination mit Spray. Vergleiche mit Marvel Comics drängen sich auf. Iris Paternoster wurde 1973 in Istanbul geboren und erhielt zwischen 1985 und 1991 dort ihre zeichnerische und malerische Ausbildung. Seit 2010 hat sie ein Atelier in Recklinghausen.
„Was ist wirklich, was ist fiktiv?“ Diese Frage stellt Lara Leon-Ser mit ihren Collagen, die eine zentrale Position bei den aktuellen Arbeiten einnehmen. Ihre Objekte sind in den unterschiedlichsten Formaten gestaltet. Bei den Maltechniken bevorzugt Leon-Ser Tusche, Airbrush oder Mischtechniken wie Öl und Eitempera, teils auf Leinwand, teils auf Papier. Sie löst abstrakte Formen aus dem ursprünglichen Bild und bringt diese in eine neue Beziehung zueinander. Gegenseitige Wechselwirkungen verstärken den Eindruck. Auch ihre gegenständlichen Darstellungen zerlegt die Künstlerin in einzelne Komponenten, die in anderer Zusammensetzung eine neue Fusion bilden. Dadurch entsteht eine neue Erzählung. Wirklichkeit oder Fiktion?
Collagen auf Leinwand übertragen
Ihre kleineren Collagen überträgt sie auf eine große Leinwand. Einige der Darstellungen tragen zwar einen Titel, wie Unding, Brainstorming oder Hieronymus, aber eine Erklärung hierzu gibt die Malerin nicht. „Auch den Titel kann jeder Besucher ganz persönlich interpretieren.“ Ihr bevorzugtes Werk ist „Unding“, die Darstellung eines Mädchens mit einer Katze in den Händen. Daneben ein Känguru vor einer Treppe, die zu einem offenen Fenster führt. „Dieses Bild hat viel mit Verletzlichkeit zu tun“, erklärt die Künstlerin ihre Darstellung. „Die einzelnen Elemente, vorwiegend subtiler und emotionaler Natur, spielen hier für mich eine große Rolle.“
In ihren Arbeiten berührt Leon-Ser das Thema des Surrealismus, wie sie sagt: „Die eigentümliche Auffassung des Dings, eine Metamorphose, eine Entrückung aus allen gewohnten Zusammenhängen der Erfahrung und der Logik in eine imaginäre Dimension.“ Leon-Ser ist schon seit vielen Jahren Mitglied der Ateliergemeinschaft KünstlerPack.
Fotograf und Programmierer Andreas Jell setzt in seinen Installationen biografisch aufgeladene Gegenstände ein, die stellvertretend für verlorene oder vergangene Lebewesen, Beziehungen, Wünsche oder Zeiten stehen. Auf den ersten Blick erscheinen sie als belanglose Alltagsgegenstände oder Souvenirs. Erst durch den persönlichen Bezug gewinnen sie an Bedeutung. Für Jell werden sie zu „Monumenten des Scheiterns“, die der gelernte Elektroingenieur mit Hilfe von Blitzen oder elektromechanischer Impulskraft wiederbeleben will. Der Papagei, die Ente, die Zeche erzählen ihre eigene Geschichte. Obwohl die Wiederbelebung zum Scheitern verurteilt ist, betont Jell voller Überzeugung: „Scheitern ist kein Versagen.“
Monumente des Scheiterns
In der Ausstellung findet der Besucher die Eigenschaften des Undings überall wieder. Auch die Künstler selbst wurden bei der Konzeption und Vorbereitung dieser Ausstellung davon nicht verschont.
Die Vernissage dieser außergewöhnlichen Ausstellung findet am Samstag, 2. November um 18 Uhr im Atelier KünstlerPack in den Güterhallen statt. Bis zum 10. November sind die Arbeiten jeden Samstag und Sonntag von 15 – 18 Uhr zu besichtigen.