SOLINGEN (bgl) – Die Gaming-Szene hat mit vielerlei Vorurteilen zu kämpfen: Am PC oder an der Konsole zocken mache dumm und aggressiv, zudem seien diese ganzen Ballerspiele ja sowieso nur hirnloses Zeugs. Und es seien ja nur Jungs, die jeden Tag stundenlang vorm Bildschirm kleben würden. Diese und viele weitere Vorurteile kennt Fiona Gundermann nur zu gut.
Hobby zum Beruf gemacht
„Es gibt Statistiken, die zeigen, dass 49 Prozent der Gamer weiblich sind“, sagt die 25-Jährige. Sie gehört dazu. Aber mehr noch: Längst hat sie ihr Hobby zum Beruf gemacht. Die Remscheiderin hat in Düsseldorf Gamedesign studiert und ist heute bei einem Startup im Solinger Coworkit beschäftigt. Dort arbeitet sie an einer App und lässt ihre Gamification-Expertise in die Entwicklung mit einfließen.
„Ich habe seit meinen Kindertagen immer sehr viel gezockt und am Computer gespielt, mein Vater ist Informatiker, weshalb ich zu der ganzen Materie stets einen Bezug hatte. Die Faszination war immer da“, erzählt Fiona Gundermann. Gleichzeitig konnte sie sich in Büchern und Geschichten verlieren und bewies echtes Talent beim Zeichnen. „So kam ich schließlich auf Gamedesign als berufliches Ziel. Selbst Spiele zu entwickeln“, sagt die junge Frau.
Fiona Gundermann im Vorstand des eSport Clubs
Bei der Entwicklung eines Spiels ist selbstredend ganz viel Kreativität gefragt. Das fängt bei der grafischen Gestaltung des Avatars, der Spielfigur, an und geht über die Struktur und den Aufbau des Spiels weiter. Auch müssen Faktoren wie die Spielmotivation berücksichtigt werden, wie wird der Spieler für sein Tun belohnt, wie werden Erfahrungspunkte vergeben. Privat spielt sie gerne storybasierte Rollenspiele, auch online. Dazu gehört selbstverständlich ein Evergreen wie World of Warcraft.
Aber auch Hits wie Witcher 3 oder ganz aktuell New World beschäftigen die 25-Jährige. Im zarten Alter von acht Jahren hat sie bereits den Strategie-Klassiker Warcraft 3 gespielt. Das kompetitive Spielen, sprich eSport, ist dabei nicht unbedingt ihre ganz große Leidenschaft. Dennoch arbeitet sie aktiv im neu gegründeten „eSport Club Solingen e.V.“ und bekleidet dort sogar ein Vorstandsamt.
Das Thema Gaming näher an die Leute bringen
„Ich finde, dass das ein sehr spannendes Thema ist, das viel zu wenig berücksichtigt wird. Gerade in der Politik. Wir wollen das Thema Gaming näher an die Leute bringen und natürlich diejenigen zusammenbringen, die daran Interesse haben“, betont Fiona Gundermann. Und man möchte zum Abbau der eingangs genannten Vorurteile seinen Beitrag leisten. Zudem will sie als Frau auch für mehr Repräsentation der weiblichen Zocker sorgen. „Es sind nicht wenige Frauen, die spielen. Es ist einfach diese Sichtbarkeit, die ein wenig fehlt“, bedauert sie.
Anders als in anderen Sportarten können Frauen beim eSport problemlos mit Männern in gemischten Teams antreten. „Im eSport geht es sehr viel um Teamwork und um Reaktionsschnelligkeit und nicht so sehr um körperliche Belastbarkeit oder Ausdauer. Es zählen die kognitiven Fähigkeiten“, macht Gundermann deutlich. Sie würde sich freuen, wenn sich Mädchen oder Frauen bei ihr melden, um im Rahmen des „eSport Club Solingen e.V.“ in einen Austausch zu kommen. Möglicherweise stellt der Verein irgendwann sogar eigene Teams auf. Auch dazu seien Frauen selbstverständlich herzlich willkommen.
Geschlecht spielt in der Gaming-Szene Nebenrolle
Übrigens: Innerhalb der Gaming-Szene spielt das Geschlecht eine Nebenrolle. Auch in reinen Herrenrunden, die es in bestimmten Spiele-Genres nach wie vor gibt, werden Frauen in der Regel ohne weiteres herzlich aufgenommen und integriert. Bei vielen Online-Rollenspielen ist zudem Anonymität garantiert. Wenn man das so möchte. Männer wählen einfach weibliche Avatare, Frauen wählen männliche. „Zocken ist komplett geschlechts- und generationenunabhängig“, unterstreicht Gamedesignerin Gundermann.