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Hasseldelle: Angeklagte (28) gab Psychiaterin detaillierte Einblicke

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Die angeklagte Solingerin (28) schweigt zu den Mordvorwürfen. Sie soll im September 2020 fünf ihrer sechs Kinder ermordet haben. (Foto: © Bergische Blaulichtnews/Oelbermann)
Die angeklagte Solingerin (28) schweigt zu den Mordvorwürfen. Sie soll im September 2020 fünf ihrer sechs Kinder ermordet haben. (Foto: © Bergische Blaulichtnews/Oelbermann)

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WUPPERTAL (bgl) – Mussten am ersten Verhandlungstag vor dem Wuppertaler Landgericht aufgrund des enormen Andrangs noch zahlreiche Medienvertreter und auch Besucher vor dem Saal warten, sah das am Donnerstag bereits anders aus. Während der Fortsetzung der Verhandlung gegen eine 28-jährige Solingerin, die im September vergangenen Jahres fünf ihrer sechs Kinder ermordet haben soll, blieben im Saal zahlreiche Plätze leer. Die Angeklagte hüllte sich derweil weiterhin in Schweigen und äußerte sich weder zu ihrer Person noch zur Sache. Stattdessen berichtete eine sachverständige Psychiaterin über ihr Gespräch mit der jungen Frau.

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Anträge der Verteidigung seien unbegründet

Zuvor gab die Kammer bekannt, dass die von der Verteidigung gestellten Anträge, einen weiteren als Sachverständigen bestellten Psychiater und sein Gutachten abzulehnen (wir berichteten hier), als unbegründet angesehen werden. Der Antrag der Verteidigung, ein Ermittlungsverfahren, das derzeit gegen den Vater der 28-Jährigen wegen sexuellen Missbrauchs und Kinderpornografie laufe, in die psychiatrische Begutachtung der Angeklagten mit einzubeziehen, ist zumindest zum jetzigen Zeitpunkt für die Kammer nicht relevant. „Das wird natürlich aufzuklären sein, zum jetzigen Zeitpunkt wird dem aber nicht nachgegangen“, so der Vorsitzende Richter mit Blick auf den Mordprozess gegen die Solingerin.

Den Vorsitz der Schwurgerichtskammer führt der Vorsitzende Richter am Landgericht Jochen Kötter. (Foto: © Bergische Blaulichtnews/Oelbermann)
Den Vorsitz der Schwurgerichtskammer führt der Vorsitzende Richter am Landgericht Jochen Kötter. (Foto: © Bergische Blaulichtnews/Oelbermann)

Der Ehemann der Angeklagten und Vater von vier der fünf toten Kinder, der als Nebenkläger auftritt und von einem Solinger Rechtsanwalt vertreten wird, macht von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und wird somit nicht als Zeuge vorgeladen werden. Fast anderthalb Stunden berichtete die psychiatrische Gutachterin über die Exploration der Angeklagten und legte dabei Details aus ihrem Lebenslauf offen.

Demnach sei die junge Frau vor allem bei ihren Großeltern aufgewachsen. Ihre eigene Mutter sei für sie weniger Mutter als Freundin gewesen. Ihrem Vater sei sie aus dem Weg gegangen. „Ich hatte eine abgrundtiefe Abneigung ihm gegenüber“, zitierte die Gutachterin die Angeklagte.

Angeklagte im Alter von zwölf Jahren vergewaltigt worden

Seit 2012 habe sie mit ihrem Vater keinen Kontakt mehr. Auf seinem Rechner habe man seinerzeit Kinderpornografie gefunden, weshalb sich die Mutter der Angeklagten von ihrem Mann getrennt habe. Im Alter von zwölf Jahren sei sie von einem Bekannten ihres Onkels vergewaltigt worden. Die Tat habe sie erst Jahre später zur Anzeige gebracht. Ihr erstes Kind habe sie 2009 mit gerade mal 16 Jahren bekommen. Das zweite Kind folgte zwei Jahre später und war von einem anderen Mann als der Erstgeborene. Der Kindsvater drängte auf eine Abtreibung, was die Angeklagte ablehnte. „Das sei ja Mord“, zitierte die Psychiaterin die angeklagte Solingerin.

2012 lernte sie ihren späteren Ehemann in einem Onlineportal kennen, bereits ein Jahr später wurde geheiratet. 2014 wurde ein weiterer Sohn geboren. Schon zu diesem Zeitpunkt kriselte es in der Beziehung. 2016, 2017 und 2019 kamen drei Töchter zur Welt. Seit Anfang 2018 wohnte die Angeklagte mit ihrer Familie in der Wohnung an der Hasselstraße. Das Paar habe sich mehrfach getrennt, fand aber immer wieder zueinander.

Als die Angeklagte eine Scheidung ins Spiel brachte, drohte ihr Ehemann, sich vom Balkon der Wohnung in der Hasseldelle zu stürzen. Der Rettungsdienst wurde alarmiert. Trotz der Beziehungsprobleme habe die 28-Jährige Haushalt und Erziehung sowie die Finanzen stets im Griff gehabt. Auffälligkeiten diesbezüglich habe es keine gegeben, zumal es sich bei allen Kindern um „Wunschkinder“ gehandelt habe. Mit ihrem Mann habe sie sogar über ein siebtes Kind gesprochen.

Unbekannter Mann habe plötzlich vor der Tür gestanden

Ende Oktober 2019 habe sie diesen dann doch der Wohnung verwiesen und lebte dort allein mit den Kindern. Am Tattag am 3. September 2020 seien zwei der schulpflichtigen Kinder verschnupft gewesen, weshalb die Mutter diese zu Hause gelassen habe. Die drei kleineren Kinder waren sowieso daheim gewesen. Ihr ältester Sohn sei derweil zur Schule gegangen. Als es dann an der Tür geklopft habe, so die Gutachterin in ihrem Bericht, habe die Angeklagte zunächst auch damit gerechnet, diesen dort anzutreffen.

Stattdessen stand ein unbekannter Mann mit weißen Handschuhen vor der Tür der ihr mitteilte, jetzt ihr Leben zerstören zu wollen. Dieser habe die Angeklagte aufgefordert, nach Medikamenten zu suchen. Diese sollte sie den Kindern geben. Danach sei sie auf den Kopf geschlagen worden und erst später liegend auf dem Flur aufgewacht sein.

Die Kinder befanden sich zu diesem Zeitpunkt laut ihrer Aussage in den Kinderbetten, der unbekannte Mann sei noch vor Ort gewesen. Sie habe dann fliehen können und ihren ältesten Sohn aus der Schule geholt. Diesen schickte sie auf die Reise nach Mönchengladbach zu ihrer Mutter. An Suizid habe sie nur kurz gedacht, diesen Gedanken aber wieder verworfen. „Sie könne ohne ihre Kinder nicht leben“, diktierte sie der psychiatrischen Gutachterin ins Protokoll. Im Düsseldorfer Hauptbahnhof habe sie am Gleis das Gleichgewicht verloren und sei deshalb vor einen einfahrenden Zug gefallen. So die Version, die die Angeklagte der psychiatrischen Sachverständigen mitteilte.

Ermittelnde Behörden gehen von Schutzbehauptungen aus

Dabei handele es sich um Schutzbehauptungen, sind die ermittelnden Behörden überzeugt, denn Hinweise auf einen unbekannten Mann in der Wohnung habe man nicht finden können. Der Prozess wird am kommenden Montag im Landgericht Wuppertal fortgesetzt. Wir berichten weiter.

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Bastian Glumm arbeitet seit vielen Jahren als Textjournalist für diverse Tages- und Fachmedien sowie als Cutter in der Videoproduktion. Der gelernte Verlagskaufmann rief im September 2016 das SolingenMagazin ins Leben.

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