SOLINGEN (red) – Im Alter von 79 Jahren ist am Sonntag Mevlüde Genç verstorben. Sie verlor am 29. Mai 1993 fünf Familienangehörige beim Solinger Brandanschlag. Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes am Bande und des Verdienstordens des Landes NRW setzte sich seitdem mit großem Engagement für ein friedliches Miteinander und für Aussöhnung ein.
Zu Freundschaft und Versöhnung aufgerufen
Oberbürgermeister Tim Kurzbach reagierte am Sonntag auf die Nachricht vom Tode Mevlüde Gençs: „Mit großer Bestürzung habe ich heute Morgen die traurige Nachricht erhalten, dass Frau Mevlüde Genç für uns unerwartet verstorben ist. Ich habe der Familie bereits persönlich mein Beileid ausgesprochen und ihnen den Beistand der Stadt Solingen zugesagt.
Die Familie Genç hat am 29. Mai 1993 in Solingen furchtbares Leid erfahren; fünf Mitglieder der Familie fielen einem mörderischen Brandanschlag zum Opfer, begangen von rechtsextremistischen Jugendlichen aus unserer Stadt. Obwohl Mevlüde bei diesem Anschlag zwei Töchter, zwei Enkelinnen und eine Nichte verlor, hat sie unmittelbar nach der Katastrophe Deutsche und Türken in Solingen zu Freundschaft und Versöhnung aufgerufen. Sie hat damit unsere Stadt in den Tagen nach dem Brand, die von Angst, Hass und teils gewalttätigen Demonstrationen bestimmt waren, vor großem Schaden bewahrt. Sie hat die Zornigen besänftigt und die Traurigen getröstet und Frieden in die Stadt gebracht.
So hat sie auch den Weg zur Verständigung und einer neuen Integrationspolitik bereitet, in Solingen und in ganz Deutschland. Solingen wurde nicht zuletzt durch ihr Beispiel Integrationsstadt, lange bevor Deutschland sich als Integrationsland verstehen wollte.
Familie Genç ist Solingen, der Stadt, in der sie so viel Leid erfahren hat, treu geblieben. Mevlüde Genç war eine Frau mit einem großen Herzen, viele haben eine beispielhafte Mutter in ihr gesehen, dabei von großer Wortgewalt. Wir schulden ihr Dank.
Noch vor wenigen Tagen haben wir zusammengesessen, um über den 30. Jahrestag des Brandanschlages im nächsten Jahr zu sprechen. Es war ihr wichtig, dass das Gedächtnis an ihre ermordeten Kinder Teil der Erinnerungskultur Solingens bleibt, auch über die Lebensspanne der Zeitzeugen hinaus, und dass junge Menschen in die Erinnerungsarbeit einbezogen würden. Weil der Brandanschlag zeige, welche brutalen Konsequenzen Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit haben müssen, wenn wir Ihnen nicht immer entschieden entgegentreten. Ich habe Mevlüde Genç und der Familie versprochen, dass die Stadt dieses Gedächtnis, das jetzt ihr Vermächtnis ist, wahren wird.“