SOLINGEN (mh) – Damen und Herren in großen Roben flanieren den Weg entlang. Auf der großen Wiese haben sonderbare Skulpturen ihren Platz gefunden. Alles scheint einem früheren Jahrhundert entsprungen. Und wirkt doch wiederum futuristisch. An diesem Wochenende liegen die Güterhallen ganz im Zeichen des Steampunk.
Steampunk ist Abenteuer, Romantik und Wissenschaft – hier verbindet sich das Design der viktorianischen Zeit mit technischen Objekten. Der Retrofuturismus hat Einzug gehalten.
Einzug des Retrofuturismus
In Halle 26 steht ein Wunderwerk der Technik. Aus unzähligen Teilen zusammengesetzt, nach einem unverständlichen Plan, den nur der Konstrukteur selbst versteht. Das Gebilde besteht aus mehreren Kugelbahnen mit Sensor. Jeweils eine Bahn setzt die nächste in Gang und endet schließlich in einem Xylophonspiel. Der Erbauer demonstriert das eigenartige Werk und sieht dabei nicht minder eigenartig aus.
Ganz im Gegensatz der „Denker“. Eine Skulptur nach Art von Auguste Rodin, mit Steampunkdetails bestückt. Die Skulptur ist eine Idee des Ateliers KünstlerPack, umgesetzt durch Stefan Mensler (abstrakte Malerei und Stahlblechkunst) und Peter Wischnewski (Malerei). In vielen Stunden wurden 1,5 Millimeter dicke Bleche mit Laser geschnitten, dann mit Stahlbolzen verschweißt. Das Kunstwerk hat ein Gewicht von 110 Kilo. Eine in Scheiben geschnittene Skulptur mit einem belebten Innenleben. Rote und blaue Schläuche durchziehen als Arterien und Venen das Gebilde. „Die Skulptur soll nach dem Güterhallenfest verkauft werden“, sagt Peter Wischnewski. Angedacht ist es, sie zunächst in den Clemens-Galerien auszustellen. Ein Preis von 2.500 Euro ist dafür angesetzt. Interessenten können sich über Wischnewskis Homepage mit ihm in Verbindung setzen.
„Der Denker“ – 110 Kilo Gewicht
Im Atelier AndersARTig zeigt das Künstlerkollektiv EyE:Project, bestehend aus Janine Werner, Ingo Schleutermann und Marcel Lamour, eine Darbietung, mit der die drei erstmals im letzten März bei der weltumspannenden H.R. Giger Tribut-Ausstellung „Creators Of Legends“ in Gruyeres aufgetreten sind. „Wir verstehen den Steampunk etwas düster“, so das Trio. Ihr Konzept, bildende Elemente mit Installationen und Musik zu verbinden, kommt gut an. Vor der Bühne bildet sich eine beachtliche Zuschauermenge.
Unter den Hammerschlägen von Kunstschmied Michael Bauer-Brandes und Schmiedin Monika Brandes entstehen Stelen, Skulpturen und Schalen, handwerklich traditionell gefertigt, doch in ihrer Besonderheit einzigartige Verbindungen von Feuer, Wasser, Luft und Erde.
Im Atelier Pest-Projekt trifft man auf Stephen William Brown Boyd, genannt Mortimer Mac Brown, einen armen Künstler. Geboren 1186 zur Zeit des dritten Kreuzzuges in Britannien irrt er als Maler durch die Jahrhunderte. Erfolglos und ein wenig dem Wahnsinn verfallen versucht er nun sein Glück in den Güterhallen. Brown Boyd lebt und liebt den Steampunk. „Das Schöne daran ist, dass jedermann kreativ sein muss. Das wiederum fördert die Kreativität des Einzelnen.“
Brown Boyd lebt und liebt den Steampunk
Gleich neben seiner Staffelei stehen imposante Musikwiedergabemaschinen aus den Anfängen der Tonträger. Eine Leihgabe von Jürgen Haase. „Und auch sonst habe ich hier reichlich Gedöns“, so Peter Amann über seine vielen ungewöhnlichen Kunstwerke. Auch Künstlerin Pamela Puga zeigt hier ihre Kreationen. Mit selbst entworfenen und geschneiderten Roben und skurrilen Objekten nimmt sie die Besucher mit in die Zeiten Jules Vernes.
Hutmacherin Bea Kahl hat einen großen Teil der Künstler mit fantastischen Hutkreationen ausstaffiert. Jedes Modell ein Beweis des Ideenreichtums und ein Unikat. Bei Regis Noel interpretieren die Modemacherinnen Anke Kauermann und Yelda Barthel Steampunk auf ihre individuelle Art.
Patente aus der Jahrhundertwende
Michael Boeck hat Patente aus der Jahrhundertwende stilvoll gerahmt. Dunkles Holz, mit Patina künstlich gealtert, umgibt diese seinerzeit tatsächlich zum Patent eingereichten Dokumente. Der Betrachter sieht obskure Gerätschaften und Fahrgeräte, die auf den ersten Blick erkennen lassen, dass sie nicht funktionieren können.
Währenddessen liegen Töne aus Schellackzeiten in der Luft. DJ Thomas Gatawetzki-Köppchen sorgt für den Sound der 30er – 50er Jahre. Auch „Held der Arbeit“, „The Blue Baboon“ und „Tim Tritoxin“ unterhalten mit ihren musikalischen Interpretationen des Steampunk.