SOLINGEN (red) – Die Spur ist eingezeichnet – jetzt gilt es, Arbeitsschritt für Arbeitsschritt den Weg bis ins Ziel zu gehen: Das soll am Ende ein Platz auf Weltkulturerbe-Liste der UNESCO sein, sowohl für die Müngstener Brücke als auch für die fünf Partner-Brücken aus Portugal (2), Frankreich (2) und Italien (1). Zusammen unternehmen sie den Anlauf, serielles, transnationales UNESCO-Weltkulturerbe zu werden. Ein erster Versuch, für die Müngstener Brücke allein dieses Gütesiegel zu erlangen, war vor Jahren gescheitert. Jetzt sollen es die sechs Brücken zusammen schaffen. Solingen hat bei dieser erneute Bewerbung die Federführung übernommen.
Internationales Arbeitstreffen auf Schloss Burg
Um dieses ambitionierte Ziel konsequent verfolgen zu können, kamen hochrangige Vertreter aller beteiligten Kommunen, von Eisenbahngesellschaften sowie Experten für Welterbe-Fragen am Freitag und Samstag auf Einladung der Städte Solingen und Remscheid auf Schloss Burg zum ersten internationalen Arbeitstreffen zusammen. In den beiden Tagen gelang es, eine Organisationsstruktur zu schaffen, in der jetzt die künftigen Zuständigkeiten der Beteiligten definiert sind. „Es ist uns gelungen, wichtige Eckpunkte zu fixieren“, sagt Carsten Zimmermann.
Er ist bei der Stadt Solingen Abteilungsleiter für die Strategische Planung im Büro des Oberbürgermeisters und zugleich internationaler Projektleiter für die Welterbe-Bewerbung. „Bei der festgelegten Struktur ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass die beteiligten Länder, Städte und Gemeinden unterschiedliche Organisationsformen und Potentiale im Hinblick auf die personelle und die finanzielle Ausstattung haben.“ Durch die Klärung der Verfahrensfragen könnten die Interessen nun koordiniert und die jeweiligen Kompetenzen gezielt eingebracht werden.
Steuerungsgruppe der Bürgermeister und Eigentümer
Die Bewerbung müsse durch eine feste Arbeitsgruppe getragen werden, die wiederum durch eine Steuerungsgruppe der Bürgermeister und Eigentümer begleitet werde. In dieser seien folgerichtig die Bürgermeister aller Kommunen politischen Gremien sowie die Eigentümer der Brücken (Bahngesellschaften) vertreten, erklärt Zimmermann. Zudem sei auch ein Fachbeirat nötig, in dem technische und inhaltliche Fragen diskutiert werden. Eine internationale Steuerungsgruppe, in der die Welterbe-Beauftragten aller vier Länder sitzen, managt den Gesamtprozess und gibt die Richtung vor. Die tragende Arbeitsgruppe, die für die Kernarbeit zuständig ist, tausche sich wiederum mit vier Untergruppen aus, die folgende vier Hauptfelder bearbeite:
1) Nominierungsprozess / Außergewöhnlicher universeller Wert
2) Management, Erhaltung und Nutzung
3) Finanzierung und Marketing
4) Vermittlung, Schulung und Besucherorganisation
Alle Brückeneigentümer müssen das Verfahren mittragen
„In dieser Organisationsform können sich alle Beteiligten in unterschiedlichem Umfang in einzelnen Themenbereichen engagieren“, sagt der Welterbe-Experte Rolf Höhmann. Er begleitete das Burger Arbeitstreffen als Moderator und Fachmann. Höhmann ist in den Bewerbungsprozess eng eingebunden. Während die deutsche und die italienische Bahn die Welterbe-Bewerbung als Eigentümer der jeweiligen Brücken bereits offiziell unterstützen, stehen die Zusagen der französischen und der portugiesischen Bahngesellschaft derzeit noch aus. In beiden Ländern laufen aktuell Gespräche, um auch von dort eine Zusage zu erhalten. Die Bewerbungs-Partner wissen: Alle Brückeneigentümer müssen das Verfahren mittragen.
Solingens Oberbürgermeister Tim Kurzbach ist beeindruckt von den operativen Fortschritten, die in den vergangenen eineinhalb Jahren erzielt worden sind – vom Auftakt-Kongress in Müngsten im Herbst 2017 über den zweiten Welterbe-Kongress in Porto im vergangenen Sommer bis hin zu den Ergebnissen des aktuellen Arbeitstreffens. „Hier wächst eine neue europäische Städtefreundschaft heran, über deren weiteres Potenzial wir längst nachdenken – über die Brücken-Bewerbung hinaus“, sagt Kurzbach. „Das alles passiert mit einem ehrgeizigen Ziel vor Augen. Erreichen wir es, wird dies alle beteiligten Gemeinden weit voranbringen. Und ich bin sehr optimistisch, dass es wirklich gelingen kann. Denn alle Teams arbeiten mit Begeisterung, Fleiß und Kompetenz an diesem Projekt.
Musterbeispiel europäischer Freundschaft
Für OB Kurzbach ist das UNESCO-Projekt ein Musterbeispiel europäischer Freundschaft und Zusammenarbeit. Das Bild vom Brückenbau über die Nationengrenzen hinweg dränge sich förmlich auf. „Wenn wir dieses Bild benutzen wollen, dann können wir wohl sagen, dass die Fundamente und Pfeiler dieser Brücke inzwischen stehen. Diese symbolische Brücke wird die beteiligten Kommunen und Länder dauerhaft miteinander verbinden. Das ist lebendiges Europa. Das sollte denen zu denken geben, die aus diesem Europa aussteigen wollen.“ Für die Müngstener Brücke hofft Kurzbach, dass es gelingt, dieses Aushängeschild der Region mit einem UNESCO-Gütesiegel noch viel besser vermarkten zu können. „Das gilt insbesondere mit Blick auf unsere Tourismus-Ziele in der Region.“