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Plagiarius-Preisträger gegen dreisten Ideenklau

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Christine Lacroix, 2. Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V., begleitet die Besucher auf einem Rundgang durch die Ausstellung. Hier zeigt sie den ersten Negativ-Preis des Jahres 2017. Die Fälschung der Roll-Hundeleine hat eine defekte Aufrollmechanik. (Foto: © Martina Hörle)
Christine Lacroix, 2. Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V., begleitet die Besucher auf einem Rundgang durch die Ausstellung. Hier zeigt sie den ersten Negativ-Preis des Jahres 2017. Die Fälschung der Roll-Hundeleine hat eine defekte Aufrollmechanik. (Foto: © Martina Hörle)

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SOLINGEN (mh) – Vergangene Woche Freitag wurden auf der Frankfurter Konsumgütermesse „Ambiente“ die Preisträger des Plagiarius-Wettbewerbs 2017 vorgestellt und einem internationalen Publikum präsentiert. Heute gab es dazu im Museum Plagiarius einen Presse-Rundgang, in dessen Verlauf die aktuellen Preisträger präsentiert wurden. Christine Lacroix, 2. Vorsitzende des Vereins Museum Plagiarius e.V., begleitete die Besucher auf ihrem Rundgang.

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40 Jahre Negativ-Preis gegen Ideenklau

Der Negativ-Preis „Plagiarius“ wird seit 1977 für ganz besonders dreiste und skrupellose Fälschungen oder Plagiate vergeben. Während bei Plagiaten Technik oder Design 1 zu 1 übernommen wird, sich das Unternehmen quasi mit fremden Federn schmückt, ist bei einer Fälschung ebenfalls die Marke betroffen. Ein Klassiker bei Bekleidung und Sportartikeln. Die zehn Neuzugänge im Plagiarius zeigen einen Querschnitt durch die enorme Bandbreite.

Von Haushaltwaren über Kleidung, von Sanitär zu Technik – gefälscht wird alles, was ein lukratives Geschäft verspricht. Es gibt einen ersten bis dritten Preisträger sowie sieben gleichrangige Auszeichnungen. Die neunköpfige Jury, die sich aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen zusammensetzt, geht dabei nach einem Punktesystem vor. Dazu gehört unter anderem auch die Reaktion des Plagiators, wenn er mit den Entdeckungen konfrontiert wird.

Manche Fälscher sind trotz Entdeckung so dreist, die gefälschten Artikel weiter zu verkaufen. Dieses Druckmessgerät wurde bereits 2015 beschlagnahmt. Mit plumpen Retuschierungen wurde es im Jahr darauf erneut angeboten. (Foto: © Martina Hörle)
Manche Fälscher sind trotz Entdeckung so dreist, die gefälschten Artikel weiter zu verkaufen. Dieses Druckmessgerät wurde bereits 2015 beschlagnahmt. Mit plumpen Retuschierungen wurde es im Jahr darauf erneut angeboten. (Foto: © Martina Hörle)

Ideenreichtum der Ideenklauer fast grenzenlos

In diesem Jahr geht der erste Preis an den Fälscher der Roll-Hundeleine „flexi Explore L“. Das Original ist mit einer Aufrollmechanik versehen, die bei der Fälschung nicht funktioniert. Bisher hat es viele Kundenreklamationen gegeben, von den Reputationsschäden ganz zu schweigen. Die Anbieter agieren mit Scheinidentitäten und verkaufen den Artikel im Online-Handel über Amazon.co.uk. Der zweite Preis wird für das Plagiat des Bürostuhls „Silver“ verliehen.

Es wird über China vertrieben. Dem Plagiator ist sein Design zwar gut gelungen, aber die technische Gestaltung weist massive Defizite auf. Auch der dritte Preis geht an einen Fälscher im asiatischen Raum. Das Druckmessgerät der Firma Wika wird über Vietnam vertrieben. 2015 waren bei einer Razzia Fälschungen beschlagnahmt worden. Ein Jahr später wurden diese Produkte erneut entdeckt, plump retuschiert bei dem Versuch, aus dem W ein V zu machen.

Qualität der Plagiate meist viel schlechter als beim Original

„Wenn wir die Nachahmer damit konfrontieren, ist deren Reaktion ganz unterschiedlich“, weiß Lacroix zu berichten. „Manche sind absolut uneinsichtig, andere wiederum suchen zwar nach Entschuldigungen, fürchten aber die öffentliche Blamage und versuchen möglichst schnell eine Einigung mit dem Hersteller.“ Die weiteren Negativ-Auszeichnungen betreffen Fälschungen der Produkte Waschtischmischer der Firma Hansgrohe SE, Isolierkannen von Helios, Koziol Artikel, Pilotjacken von Mascot, Nussknacker von Take2, Endlos-Julienneschneider der triangle GmbH und die Profi-Transporthilfe „StarCarrier“. In den meisten Fällen ist die Qualität der gefälschten Artikel weit schlechter als beim Original.

Christine Kelch, Geschäftsführerin der triangle GmbH, ist zum wiederholten Mal Opfer von Plagiaten geworden. Hier zeigt sie den Endlos-Julienneschneider im Original. Christine Lacroix hält das Plagiat in der Hand. (Foto: © Martina Hörle)
Christine Kelch, Geschäftsführerin der triangle GmbH, ist zum wiederholten Mal Opfer von Plagiaten geworden. Hier zeigt sie den Endlos-Julienneschneider im Original. Christine Lacroix hält das Plagiat in der Hand. (Foto: © Martina Hörle)

Christine Kelch, Geschäftsführerin der triangle GmbH aus Solingen, zeigt ihren speziellen Plagiarius-Fall. Der Endlos-Julienneschneider, ein Haushaltsgerät mit einer scharfen Klinge, hat einen tschechischen Nachahmer gefunden. „Auch in Israel und Neuseeland sind diese Plagiate gefunden worden“, so Christine Kelch. „Wir haben unsere Kunden und Lieferanten umgehend darüber informiert.“ Die Produkte haben keine geschärften Klingen und die Funktion ist eingeschränkt. Ein Kunde aus Süddeutschland hatte auf einem Wochenmarkt die Plagiate entdeckt und das Etikett fotografiert. Die Firma triangle hat bereits früher schon in anderen Fällen einstweilige Verfügungen erwirkt.

2015 über 40 Millionen Fälschungen und Plagiate

Allein in 2015 konnten die EU-Zollbehörden über 40 Millionen gefälschter Produkte im Wert von mehr als 650 Millionen Euro beschlagnahmen. Die tatsächlichen Zahlen liegen aber bedeutend darüber. „Der Zoll ist ein sehr wichtiger Partner“, so Lacroix. Und sie fährt fort: „Bei den Unmengen an Containern können die Mitarbeiter aber höchstens zwei bis drei Prozent der Sendungen überprüfen.“ Viele Kunden werden Opfer eines Betruges, indem sie vermeintlich gute Produkte in einer minderwertigen Qualität erwerben. Manchmal verdrängt aber auch der niedrige Preis die Bedenken. Doch wer bewusst Plagiate und Fälschungen kauft, unterstützt damit Kinderarbeit und kriminelle Machenschaften. Denn Wirtschaftskriminalität ist kein Kavaliersdelikt.

Mehr als 350 Originale und deren Plagiate sind im Museum Plagiarius ausgestellt. Sie stehen im direkten Vergleich nebeneinander. Dabei steht grundsätzlich links das Original und rechts das Plagiat bzw. die Fälschung.

Ausstellung: Originale links, Fälschungen rechts

Diese Vitrinen zeigen einen Ausschnitt aus der umfangreichen Sammlung. Mehr als 350 Produkte sind in der Ausstellung zu besichtigen. (Foto: © Martina Hörle)
Diese Vitrinen zeigen einen Ausschnitt aus der umfangreichen Sammlung. Mehr als 350 Produkte sind in der Ausstellung zu besichtigen. (Foto: © Martina Hörle)

Weitere Informationen sowie Öffnungszeiten und Eintrittspreise unter www.museum-plagiarius.de

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Martina Hörle, geprüfte Betriebswirtin, ist freiberuflich als Text-/Fotojournalistin und Autorin tätig. Sie organisiert kulturelle Veranstaltungen und hat im Herbst 2014 die Solinger Autorenrunde ins Leben gerufen.

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