SOLINGEN (bgl) – Die Krankenhauslandschaft nicht nur in Solingen befindet sich in einem dramatischen Umbruch. Die insolvente Kplus Gruppe kündigte bereits im vergangenen Juni an, die Ohligser St. Lukas Klinik zu schließen. Man wollte dortige Abteilungen in die von Kplus betriebenen Krankenhäuser in Hilden und Haan verlagern. Diese Pläne zerschlugen sich spätestens mit der Nachricht, dass die komplette neurologische Abteilung mit Stroke Unit von der Lukas Klinik ins Klinikum Solingen wechselt (wir berichteten hier). Seit vergangener Woche ist nun klar: Auch die Krankenhäuser in Hilden und Haan sind wohl nicht zu halten. Die Kplus Gruppe kündigte an, beide Kliniken bis Anfang kommenden Jahres zu schließen.
Geriatrie darf nicht nach Hilden umziehen
Verantwortlich dafür, dass man nun diesen drastischen Schritt gehen müsse, machen die Kplus-Verantwortlichen das Land. Dieses habe entgegen vorheriger Zusicherungen einer Verlagerung der Geriatrie von der St. Lukas Klinik in Ohligs in das St. Josefs Krankenhaus Hilden nicht zugestimmt bzw. eine solche „verhindert“ (wir berichteten hier). Das könne die Kplus Gruppe wirtschaftlich nicht kompensieren. Folgt man dem Statement des NRW-Gesundheitsministeriums, sei eine solche Verlagerung ohnehin nie ein Thema gewesen. Wir haben in Düsseldorf um Stellungnahme gebeten. Das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (MAGS) antwortete auch dieses Mal prompt.
„Am Freitag hat eine Konferenz mit den Krankenhäusern, den Kostenträgern sowie den örtlichen politischen Entscheidungsträgern stattgefunden, um gemeinsam die jeweiligen Interessenlagen zu sondieren. Das MAGS hat dabei deutlich gemacht, dass es geltendes Recht ist, dass Leistungsgruppen, die auf regionaler Ebene beplant werden (in diesem Fall die Geriatrie), auch nur an Krankenhäuser dieser Region verteilt werden können. Im konkreten Fall handelt es sich bei der Stadt Solingen und dem Kreis Mettmann um zwei unterschiedliche Regionen, so dass die Geriatriefallzahlen der St. Lukas Klinik in Solingen nicht einfach auf das St. Josefs Krankenhaus in Hilden (Kreis Mettmann) verlagert werden können“, teilt das Ministerium aus Düsseldorf mit.
Leistungsgruppe Geriatrie mit allen Fallzahlen ans Klinikum
Vor diesem Hintergrund werde bei einer Schließung der St. Lukas Klinik in Ohligs die Leistungsgruppe Geriatrie mit allen Fallzahlen an das Klinikum Solingen gehen. Die Entscheidung über den Versorgungsauftrag der Geriatrie im Kreis Mettmann erfolge gemäß des im Krankenhausplan niedergelegten Maßstabs unter allen Bewerbern innerhalb dieses Kreises, so das MAGS weiter. Hierbei sollen die bestehenden Geriatrien in den Kliniken in Velbert und Langenfeld gestärkt werden, teilt das Ministerium mit. Außerdem soll im Evangelischen Krankenhaus Mettmann (EVK) eine kleine Geriatrie aus „medizinischen Gründen in Zusammenhang mit der Stroke Unit“ – die analog zur Schlaganfallversorgung im Klinikum entstehen soll – aufgebaut werden.
Auch bei der rettungsdienstlichen Versorgung sieht das Ministerium weder auf Solingen noch auf den Kreis Mettmann ein Problem zukommen. Und das obwohl in Solingen ein Krankenhaus und im Kreis Mettmann gleich zwei Kliniken wegfallen und in der Fläche durchaus Lücken zu befürchten sind. „Das MAGS befindet sich zur genannten Thematik im engen Austausch mit dem Träger des Rettungsdienstes – im übrigens schon lange bevor Kplus die Schließung der drei Standorte angekündigt hat. Der Rettungsdienst verfügt grundsätzlich über eine kurzfristige Aufwuchsfähigkeit, um die rettungsdienstliche Versorgung der Bevölkerung auch in außergewöhnlichen Situationen aufrechterhalten zu können. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir gemeinsam mit dem Träger des Rettungsdienstes auch eine gute langfristige Lösung für die Menschen in der Region erreichen werden“, teilt das NRW-Gesundheitsministerium auf unsere Nachfrage mit.
MAGS: „Versorgungsgebiet mit hoher Krankenhausdichte“
Soll heißen: Der Wegfall der Kliniken stelle kein Problem dar. Und rettungsdienstliche Kapazitäten könne man aufstocken. Ähnlich beurteilt das MAGS die Gesamtsituation der Versorgung in Solingen und im benachbarten Kreis Mettmann: „Allgemein bewertet das MAGS mit Blick auf die Stadt Solingen und den Kreis Mettmann die Situation so, dass es sich insgesamt um ein Versorgungsgebiet mit einer hohen Krankenhausdichte handelt. So geht das MAGS beispielsweise davon aus, dass auch bei einem eventuellen Wegfall der Standorte der Kplus-Gruppe 90 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner in 20 Minuten eine internistische oder chirurgische Krankenhausversorgung erreichen können“, ist man sich in Düsseldorf sicher.
Das weitere Planungsverfahren sieht nun ein Anhörungsverfahren vor, bei dem beispielsweise den Krankenhausträgern und den Mitgliedern des Landesausschusses für Krankenhausplanung bis zum 22. Oktober die Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden soll. „Die eingegangenen Stellungnahmen werden anschließend schnellstmöglich ausgewertet und bewertet. Bis spätestens Mitte November sollen dann die Feststellungsbescheide durch die Bezirksregierung Düsseldorf erfolgen“, heißt es aus dem NRW-Gesundheitsministerium.
Klinikum: Gespräche mit der Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie
Während im Klinikum derzeit mit Hochdruck daran gearbeitet wird, ab Januar eine komplette Neurologie mit Stroke Unit in Betrieb zu nehmen, deutet sich der Wechsel einer weiteren medizinischen Abteilung der St. Lukas Klinik in das städtische Haus an der Gotenstraße zumindest an. „Es gibt Gespräche mit Herrn Dr. Martini über eine mögliche Zusammenarbeit, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Für uns ist das grundsätzlich sehr gut vorstellbar, es wäre sicherlich eine sinnvolle Erweiterung unseres Portfolios“, bestätigte uns am Dienstag Klinikum-Aufsichtsratvorsitzender Kai Sturmfels.
Dr. Dr. Markus Martini ist Chefarzt der Mund-, Kiefer- und Plastischen Gesichtschirurgie (MKG) an der St. Lukas Klinik. Mit der Etablierung dieser Klinik am Klinikum wäre die Realisierung eines „Kopfzentrums Bergisch Land“ denkbar. Am Klinikum ist Dr. Dr. Markus Martini ohnehin kein Unbekannter: Seit einigen Jahren findet eine Zusammenarbeit im Rahmen des Kopf-Hals-Tumorzentrums Solingen statt.